3rd German-Chinese Workshop on Biotechnology in a Bioeconomy

Foto Teilnehmer Workshop 2016 Uni Hohenheim

Tagungsbericht zum „3rd German-Chinese Workshop on Biotechnology in a Bioeconomy“
vom 09.-12.10.2016 an der Universität Hohenheim


Ermöglicht und unterstützt durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg fand vom 10. bis zum 12. Oktober 2016 im Euroforum der Universität Hohenheim der mittlerweile dritte deutsch-chinesische Workshop zum Thema der Rolle der Biotechnologie in einer zukünftigen Bioökonomie statt. Ziel dieses Workshops, wie auch schon bei den zwei vorangegangenen Veranstaltungen in Karlsruhe 2014 und Nanjing 2015, war der wissenschaftlich-technische Austausch zwischen renommierten deutschen und chinesischen Fachleuten zu aktuellen Aspekten vor allem der industriellen Biotechnologie, die Erarbeitung von neuen, sowie der Vergleich von bestehenden Strategien zur Etablierung einer wettbewerbsfähigen Bioökonomie in beiden Ländern, und die Anbahnung neuer, als auch die Stärkung und Ausweitung bestehender Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Arbeitsgruppen.

Während des dreitägigen Workshops mit ca. 80 Teilnehmenden wurden insgesamt 40 Vorträge von 20 chinesischen und 20 deutschen Wissenschaftler/inne/n präsentiert, die sämtliche Aspekte der Biotechnologie beleuchteten. Die wissenschaftlich hochkarätig besetzte Delegation aus China war bereits am Vortag angereist, wurde von Prof. Rolf Schmid als Beauftragten der Landesregierung , Prof. Christoph Syldatk (KIT), Klaus Hadwiger und Prof. Lutz Fischer (Uni Hohenheim) am Stuttgarter Hauptbahnhof empfangen und zu einer Besichtigung an der Universität Hohenheim eingeladen. Dort konnten durch eine Führung durch den botanischen Gartens, Besichtigung von Instituten und Laboren der Lebensmitteltechnologie inklusive einem Besuch der in der Universitätslandschaft einzigartigen Versuchsbrennerei ein guter Einstieg ins wissenschaftliche Programm gefunden werden. Bereits hier wurde rege diskutiert, was sich an den folgenden Tagen während des Vortragsprogrammes kontinuierlich fortsetzte.

Die chinesischen Teilnehmer stammten zum Großteil von der NanjingTech- und der Jiangnan Universität aus der Provinz Jiangsu, der Partnerprovinz von Baden-Württemberg und führenden chinesischen Einrichtung in der industriellen Biotechnologie, wie beim Workshop auch eindrucksvoll sichtbar wurde. Der Kreis wurde durch führende Wissenschaftler aus Shanghai (East China University of Science and Technology und Tsinghua University), Dalian (Dalian Institute of Chemical Physics), Jinan (Shandong University), Xiamen (Xiamen University), Beijing (Beijing University of Chemical Technology), Tianjin (Tianjin University) und Qingdao (Qingdao Institute of Bioenergy and Bioprocess Technology) vervollständigt und repräsentativ vertreten.

Die baden-württembergischen Teilnehmer/innen stammten hauptsächlich von der Universität Stuttgart, dem Karlsruher Institut für Technologie KIT, der Universität Ulm, der Universität Freiburg und der Universität Hohenheim, und damit aus dem Kreis des Mitte 2014 neu angelaufenen landesinternen Förderprogrammes „Bioökonomie Baden Württemberg“. Hierbei waren auch die Promovierenden des laufenden Bioökonomie-Graduiertenkollegs „BBWforWerts“ eingeladen.

Ergänzt und abgerundet wurde die deutsche Delegation durch führende Experten und Vertreter anderer nationaler Bioökonomie-Cluster von der Universität Rostock (Prof. Udo Kragl), der Universität Halle (Prof. Ludger Wessjohann), der Technischen Universität Hamburg-Harburg (Prof. Andreas Liese und Prof. An-Ping Zeng), sowie von der RWTH Aachen (Prof. Ulrich Schwaneberg) und des NMI Reutlingen (Prof. Rumen Krastev).

Die zahlreichen Vorträge vermittelten einen sehr guten Überblick in den aktuellen Stand der Forschung in beiden Ländern. Hierbei zeigten sich sehr viele ähnliche Problemstellungen, die sehr offen diskutiert wurden. Als Kernherausforderungen zur Etablierung einer wettbewerbsfähigen Bioökonomie wurden vor allem die ausreichende Verfügbarkeit von preiswerten und nicht in Lebensmittelkonkurrenz stehenden „Non-Food“-Rohstoffen als Ausgangsmaterialien für biotechnologische Produktionsverfahren, Ressourcenschonung, zukünftige CO2-Nutzung bzw. -Neutralität, und das Erzeugen maßgeschneiderter Hochleistungsproduktionsstämmen durch Metabolic-Engineering-Verfahren für die Biotechnologie identifiziert.

Der erste Vormittag stand ganz im Zeichen der Algenbiotechnologie und der Nutzung von Biomasse. Prof. Posten (KIT) und Prof. Fang (Shandong University) gaben einen eindrucksvollen Einblick in den derzeitigen Stand der Algenbiotechnologie in Deutschland, die Nutzung cellulolytischer Enzyme zur enzymatischen Hydrolyse von Biomasse und dem Anbau von Chinagras bzw. Miscanthus als neuer vielversprechender Pflanze für Nutzungen in der Bioökonomie (Moritz Wagner, Universität Hohenheim). Am Nachmittag wurden aktuell in der Entwicklung befindliche biotechnologische Prozesse zur Herstellung neuer Produkte für die Bioökonomie diskutiert. Dabei war die Produktpalette weit gefächert und reichte von der Herstellung von 2,3-Butandiol (Prof. Liu, NanjingTech-Universität), über 3-Hydroxypropionsäure (Prof. Li, East China University of Science and Technology), und Biotensiden, (Prof. Hausmann, Universität Hohenheim) bis hin zum biologischen Abbau von Pestiziden (Prof. Dong, NanjingTech) und Verfahren zur chemischen Konversion von Synthesegas (Prof. Sauer, KIT). Der Tag wurde beendet mit der offiziellen Begrüßung durch den Rektor der Universität Hohenheim im Schloss der Universität Hohenheim mit anschließendem Empfang.

Der zweite Tag wurde fortgeführt mit der Betrachtung weiterer neuer Produkte und Prozesse sowie der Herstellung von Biogas und Methan. Prof. Zeng (TU Hamburg-Harburg) eröffnete den Tag mit einem Einführungsvortrag zur gezielten Veränderung von Enzymen. Prof. Horn (KIT) und Prof. Oechsner (Universität Hohenheim) berichteten über den Einsatz von Membranreaktoren in anaeroben Prozessen sowie über die biogene Methanisierung von Wasserstoff zur Speicherung von biologisch gewonnener Energie. Abgeschlossen wurde der Vormittag mit einer Betrachtung über das Potential und möglicher Produkte biologischer Synthesegasfermentation unter Nutzung von Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff (Prof. Dürre, Universität Ulm) und der Herstellung organischer Säuren (Dr. Ochsenreither, KIT). Der restliche Tag wurde für eine gemeinsame geführte Exkursion der Teilnehmenden zur schwäbischen Alb mit anschließendem Kongressdiner genutzt.

Auch am letzten Tag standen hochkarätige Vorträge auf dem Programm. Am Vormittag wurden Metabolic-Engineering Techniken zum gezielten Design von Bioreaktionen (Prof. Liese, TU Hamburg-Harburg), Vibrio natriegens, ein vielversprechender neuer Mikroorganismus für die Biotechnologie (Dr. Blombach, Universität Stuttgart), Verfahren zur enzymatischen ATP-Regenerierung (Prof Liu, Beijing University of Chemical Technology) und die industrielle Nutzung künstlicher mikrobieller Konsortien (Prof Ding, Tianjin University) vorgestellt. Am späteren Vormittag wurde über biotechnologische Verfahren für die Lebensmittindustrie berichtet. Prof. Lutz Fischer (Universität Hohenheim) und Prof. Georg Sprenger (Universität Stuttgart) stellten die Herstellung seltener Oligosaccharide für Lebensmittel und Säuglingsnahrung vor. Abgeschlossen wurden der Tag und auch der Workshop mit einer kritischen Betrachtung der laufenden Konzepte für die Etablierung einer zukünftigen Bioökonomie in Deutschland, in China (Prof. Jiang, NanjingTech) und weltweit (Prof. Kircher, CLIB).

Alle Teilnehmenden beurteilten die Tagung als vollen Erfolg. Ein vierter Workshop in China soll folgen.
Zu den drei vergangenen Workshops kann insgesamt ein äußerst positives Fazit gezogen werden: Anfänglich gedacht zum Kennenlernen und als erster Erfahrungsaustausch zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen aus Baden-Württemberg und der Provinz Jiangsu, ist der Kreis der interessierten Wissenschaftler/innen inzwischen schnell gewachsen. Insbesondere aus China kamen über die Grenzen der Provinz Jiangsu hinaus stetig neue Anfragen, die nicht alle berücksichtigt werden konnten. Ebenso sind bereits erfolgreiche Forschungskooperationen aus dem Kennenlernen und dem Erfahrungsaustausch entstanden: Angelaufen sind bereits ein BMBF-Projekt im Rahmen des Förderprogramms „Bioeconomy International“ zwischen der NanjingTech-Universität und dem KIT, sowie das Schaffen eines Syngas-Kompetenzzentrums zwischen den Universitäten Stuttgart, Hohenheim sowie der NanjingTech-Universität mit Sitz am KIT. Weitere Anträge sind eingereicht und zurzeit in der Begutachtung. Ebenso erfolgreich läuft ein vom Land Baden-Württemberg über Stipendien finanziertes Austauschprogramm für Forschungskurzaufenthalte von Promovierenden und Studierenden.

Dr.-Ing. Katrin Ochsenreither und Prof. Dr. Christoph Syldatk (KIT)
Klaus Hadwiger (Universität Hohenheim)